Montag, 25. August 2014

Aller Anfang ist schwer

"Wir haben halt immer solche Phasen drin in unserem Spiel, wo wir einige Minuten verpennen und das darf uns einfach nicht passieren." (Zlatko Junuzovic)

Ich möchte mich Zlatko Junuzovics Worten nach dem 2-2 gegen Hertha BSC zumindest teilweise anschließen. Nach dem 1-0 durch Julian Schieber funktionierte von einem Moment auf den anderen in Werders Spiel überhaupt nichts mehr. Eine wirklich quälend lange erste Halbzeit hätte locker mit 2:0 oder 3:0 für Hertha enden können und Werder konnte sich glücklich schätzen, dass sie mit einem noch aufholbaren Rückstand in die Pause gingen. Werder spielte in dieser Phase mehr als nur "einige Minuten" wie ein Abstiegskandidat. Was dann geschah, lässt für die nächsten Wochen aber wieder etwas Hoffnung aufkommen.

Vor dem Spiel

Die gegen Illertissen noch verletzten Ludovic Obraniak und Franco di Santo standen Robin Dutt wieder zur Verfügung und der Argentinier rückte auch direkt in die Startelf. Ansonsten behielt Werder die Raute im Mittelfeld bei, die Zehnerposition wurde jedoch dieses Mal von Izet Hajrovic bekleidet, der viel mit Werders hängender Spitze Eljero Elia rotierte.

Auf der alleinigen Sechser-Position ersetzte Felix Kroos Alejandro Galvez, der im DFB-Pokal zwar nicht gerade überragend war, aber den ich doch ganz gern in Bundesliga-Aktion gesehen hätte. Die Halbpositionen im Mittelfeld teilten sich Junuzovic und Cedric Makiadi. In der Viererkette blieb alles beim Alten, auch weil Sebastian Prödl noch nicht wieder im Kader stand.

Das Spiel

Vor dem Spiel las ich irgendwo, dass Hertha Werder überrennen wolle. Okay, die Quelle war vielleicht nicht die vertrauenswürdigste: Hertha überließ Werder anfangs komplett das Spiel und hoffte darauf, dass sich durch Werders immer noch nicht gefestigtes Passspiel Ballgewinne und dadurch gefährliche Umschaltaktionen ergeben würden. So war wohl Dutts Analyse der ersten Viertelstunde treffend, in der er nicht Werders Überlegenheit hervorhob, sondern vermutete: "Vielleicht hat Hertha unsere Bälle auch laufen lassen." Herthas Strategie machte sich nach 16 Minuten bezahlt: Ein weiter Pass hinter die aufgerückte Abwehr, ein Zögern von Raphael Wolf und dann noch ein ziemlich unglückliches Zweikampfverhalten von Luca Caldirola führten letztlich zum 1:0.

Danach hielt das Grauen der letzten Jahre Einzug ins Bremer Spiel. Unsägliches Passspiel, gepaart mit miesen Zweikämpfen im Mittelfeld und diversen Stockfehlern ließen das Schlimmste für den Rest des Nachmittages befürchten. Glück und Wolf bewahrten uns aber vor einer Entscheidung zum Pausentee.

Aus der Pause kam Werder dann in mehrfacher Hinsicht verändert. Kroos wurde durch Davie Selke ersetzt, wodurch sich ein 4-4-2 mit einer flachen Vier im Mittelfeld ergab. Elia und Hajrovic besetzten nun die Außenpositionen, während der zuvor schwache Junuzovic und der zuvor sehr schwache Makiadi das Zentrum bildeten. Ganz ehrlich: So hätte ich bestimmt nicht reagiert, vor allem nicht nach Makiadis grausamer erster Halbzeit.

Doch der Schachzug ging auf und Robin Dutt erwies sich ein weiteres Mal als Experte für Umstellungen während des Spiels. Zwar kassierte Werder schnell das 2:0, war kurz danach aber wieder im Spiel als das neue Traum-Duo Junuzovic-Lukimya wieder zuschlug. Der zögerliche Hertha-Keeper Thomas Kraft sah bei Lukimyas Rückentreffer nach Junuzovic-Freistoß ziemlich schlecht aus.

Zurück im Spiel und mit einer deutlich verbesserten Raumaufteilung gewann Werder endlich Zugriff im Mittelfeld und münzte dies mit einer schönen Kombination über Garcia, Elia und di Santo in den 2:2-Ausgleich um. Auch vorne war durch Selkes Einwechslung und dessen charektistisch hohen Aufwand auf einmal wesentlich mehr Betrieb. Beide Teams hatten zwar noch Möglichkeiten für den Siegtreffer, aber letztlich blieb es bei einem Unentschieden, mit der nur die grün-weiße Seite zufrieden sein konnte.

Aus Schaden wird man klug...

Die von Zlatko Junuzovic angesprochenen "paar Minuten", in denen Werder pennt, bereiten weiterhin Sorgen. Bereits bei Bekanntgabe der Werder-Aufstellung griffen sich sicherlich einige an den Kopf: Wieso durfte Makiadi trotz seiner offensichtlichen Formschwäche wieder ran? Warum bringt Dutt keinen klassischen Spielmacher wie Obraniak oder Aycicek auf der 10er-Positionen? Alles berechtigte Fragen, denn in der ersten Halbzeit war Werder auch wegen dieser Mittelfeld-Zusammensetzung (in der Kroos zwar einigermaßen mithielt, aber keinerlei Dominanz ausstrahlte) Hertha klar unterlegen. Die spielerischen Mängel im Mittelfeld kamen fast mit Ansage, es spricht aber für Dutt, dass er dies korrigierte und mutig auf diese Mängel reagierte.

Leider mittlerweile eine Randnotiz: Warum Ludovic Obraniak wieder nicht gespielt hat, wurde nach dem Spiel nicht erklärt. Vielleicht hat sich das Thema auch bald von selbst erledigt. Ich fänd einen Wechsel unheimlich schade, weil ich mir - wie wohl viele Werder-Fans - Großes von Obraniak erhofft hatte. C'est la vie!

Das Werder-Barometer

Machen wir uns trotz des guten Ergebnisses vom Samstag aber auch nichts vor: Die Leistung in der ersten Halbzeit war schrecklich und niemand kann ausschließen, dass stärkere Mannschaften als Hertha (Hoffenheim beispielsweise) Werders Abwehrprobleme noch viel konsequenter ausnutzen. Moral, körperliche Fitness, taktische Flexibilität und zarte Anzeichen von Spielkultur erhalten die Hoffnung auf Besserung aber am Leben. Meine Stimmungslage bleibt bei 6/10.

Fragestunde

  • Ist Davie Selke schon bereit für die Startelf?
  • Können wir auf Lukimyas Torgefahr verzichten, wenn Prödl in die Startelf zurückkehrt? Sollte stattdessen vielleicht Luca Caldirola auf die Bank?
  • Gewinnt Thomas Schaaf mit Frankfurt in dieser Saison direkt das Double?

P.S.: Unkommentiert bleiben in diesem Beitrag die angeblichen Querelen zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung. Solange es nicht Handfesteres als diesen tendenziösen Bericht gibt, erübrigen sich meiner Meinung nach Kommentare bis auf Weiteres.

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